Glasbruch bei großen Modulen ohne Fremdeinwirkung

Seit 2023 häufen sich Berichte über gebrochene Gläser von Modulen in PV-Kraftwerken.

 

Bei welchen Modulen treten Glasbrüche aktuell vermehrt auf?

Grundsätzlich sind Glasbrüche nichts Ungewöhnliches. Neu ist, dass sie wenige Monate nach Montage und ohne Fremdeinwirkung eintreten. Weder Extremwetter noch Montagefehler lösen die Brüche aus. Fälle werden bei gerahmten wie ungerahmten Glas-Glas-Modulen verzeichnet, auf Vorderseiten und Rückseiten.

Dabei galten Glas-Glas-Module lange Zeit als stabiler als solche mit Folienrückseite. Zur Intersolar 2014 ließ Solarworld einen Radportler auf Glas-Glas-Module springen, um die Bruchsicherheit zu demonstieren. Hinterher gemachte Elektrolumineszensbilder bescheinigten, dass auch die Zellen zwischen den Gläsern heil geblieben waren.

Im Unterschied zu den Modulen von Solarworld und zu heute gefertigten Modulen für Dachanlagen sind in Freiflächenanlagen verwendete Module aber deutlich größer. Die beobachteten Glasbrüche liegen bei Modulen mit mehr als 2,5 Quadratmetern Oberfläche vor. Die größten Module im Markt umfassen heute mehr als 3 Quadratmeter.

Qualitätskriterium für Gläser: die Vorspannung

Die Größe der Module ist eine Ursache für Glasbrüche. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat im Labor getestet, welche weiteren Zusammenhänge es gibt. Unter den Qualitätskriterien sahen sie sich die Glasvorspannung genauer an.

Beim thermischen Vorspannen werden neu gefertigte Gläser noch einmal stärker erwärmt und anschließend rasch abgekühlt. Dabei entwickeln sie eine Eigenspannung, die unabhängig von Einwirkungen von außen im Glas besteht. Der Fachbegriff ist Glasvorspannung. Je höher die Vorspannung eines Glases ist, desto höher ist auch seine Biegebruchspannung, also die Druckbelastung, unter der ein Glas bricht. Eine hohe Vorspannung bedeutet auch, dass das Glas, wenn es denn bricht, komplett in kleine würfelähnliche Teile zersplittert. Das kennt man von Windschutz- oder Heckscheiben, die aus Sicherheitsglas bestehen.

 

Untersuchung am Fraunhofer ISE: Welche Module brechen im Labor zuerst?

Im Labor untersuchten die Wissenschaftler kommerziell erhältliche PV-Modultypen mit zwei Quadratmetern Oberfläche: Glas-Glas-Module mit 2-Millimeter-Gläsern und mit 1,6-Millimeter-Gläsern sowie Glas-Folien-Modul mit 3,2-Millimeter-Sicherheitsglas. Auf der Vorderseite war die Vorspannung bei den Glas-Folien-Modulen am höchsten und bei den Glas-Glas-Modulen mit 2-Millimeter-Gläsern am niedrigsten. Letztere brachen unter einer deutlich geringeren Last als die anderen Modultypen. Während die ersten Glas-Glas-Module mit dünneren Gläsern und die ersten Glas-Folien-Module erst bei mehr als 5.400 Pascal Risse zeigten, war das bei den Modulen mit 2-Millimeter-Gläsern zwischen 3.500 und 4.700 Pascal der Fall.

Zum Vergleich: Die mechanische Belastungsprüfung im Rahmen der Modul-Zertifizierung nach IEC 61215 und IEC 61730 sieht eine statische Belastung von 2.400 Pascal vor. Manche Modulhersteller unterziehen ihre Module einer optionalen Prüfung mit 5.400 Pascal - diese hätten die Module mit 2-Millimeter-Glas nicht bestanden, die anderen schon.

Wie sichergehen, dass die Module hohe Belastungen aushalten?

Die Untersuchung vom Fraunhofer ISE zeigt: Nicht die Glasdicke ist entscheidend für die Biegebruchspannung, sondern die Qualität des Glases. Um sicherzugehen, dass die Gläser eine hohe Belastung aushalten, ist entweder auf einen Nachweis über eine zusätzliche Belastungsprüfung mit 5.400 Pascal zu achten oder der Modulhersteller zu fragen, ob sein Glas thermisch vorgespannt ist. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann ein Modul auch in ein Labor für einen Belastungstest mit erhöhtem Druck geben.[1] 

 

Autorin: Ines Rutschmann