Fehlerbild: Potenzialinduzierte Degradation (PID) bei kristallinen Solarmodulen
Die potenzialinduzierte Degradation tritt bei Dünnschichtmodulen und solchen aus kristallinem Silizium auf. Hier wird das Thema für kristalline Module beleuchtet.
Was ist potenzialinduzierte Degradation?
Als potenzialinduzierte Degradation (PID) wird ein Phänomen genannt, das zu einem wachsenden Leistungseinbruch bei Solarmodulen führen kann - ausgelöst durch unerwünschte Bewegungen von Ladungsträgern im Modul. Unterschieden werden drei Wirkungen: ein Kurzschluss des p-n-Übergangs in der Zelle (PID-s), die Korrosion der Zelle (PID-c) und die Beeinträchtigung der Passivierung der Zelle (PID-p). Am häufigsten festgestellt wurde PID-s bei kristallinen Modulen aus p-Typ-Solarzellen - mit einem Leistungseinbruch um bis zu 50 Prozent. Aber: Die Degradation ist reversibel, ganz oder teilweise.
Bei welchen Modulen kann PID auftreten?
PID ist bislang bei kristallinen Modulen verschiedener Art aufgetreten: solchen aus n-Typ-Zellen und aus p-Typ-Zellen, mit einfacherer Aluminium-Rückseite (Al-BSF-Zelle), wie Solarzellen bis 2018 mehrheitlich hergestellt wurden, und mit zusätzlicher dielektrischer Schicht, wie sie die nunmehr dominierenden PERC-Zellen haben. Von außen ist einem Modul PID nicht anzusehen.
Wie wurde PID bekannt?
Erstmals im Feld beobachtet wurde PID 2006 bei Modulen von Sunpower. 2008 meldete die Firma Evergreen Solar ähnliche Probleme - bei Modulen, auf die Kontakte mit einem modifizierten Verfahren aufgebracht worden waren. Beide Firmen untersuchten den Leistungsabfall und erkannten: Aufgrund eines Potenzialunterschieds zwischen Modul und Erdboden kam es zu einer unerwünschten Ansammlung von Ladungsträgern. Diese löste sich wieder auf, wenn der Potenzialunterschied umgekehrt wurde. Sunpower empfahl dazu, für eine Stunde eine Spannung von minus 1.000 Volt gegen Erde anzulegen. Evergreen rüstete betroffene Anlagen mit einer Box nach, die nachts ein positives Potenzial am Generator gegenüber Erde aufbaute.
Wann wurde PID ein Thema für die ganze Solarbranche?
Schien PID zunächst ein Thema der rückkontaktierten Hochleistungszellen von Sunpower und der sehr dünnen String-Ribbon-Zellen von Evergreen zu sein, erkannte die Industrie 2010, dass auch die marktbeherrschenden Module aus p-Typ-Zellen PID zeigten. Dazu trugen auch die zunehmend höheren Systemspannungen von PV-Anlagen bei.
Welche Faktoren beeinflussen PID?
Neben der Höhe des Potenzialunterschieds gibt es vier weitere Faktoren, die PID begünstigen: Feuchtigkeit, warme Luft, Verschmutzung der Module und diffuses Licht. Das bedeutet: PV-Anlagen in Südeuropa und in Küstennähe sind häufiger betroffen als Anlagen in Deutschland abseits von Nord- und Ostsee. Die Anlage, die PID auf die Agenda der ganzen Branche setzte, befand sich auf Mallorca.
Was passiert im Modul bei PID?
Bei p-Typ-Solarzellen lösen sich aus dem Frontglas positive geladene Natrium-Ionen, die bei vorhandenem negativen Potenzialunterschied zwischen Modul und Erde durch Einkapselungsmaterial und Antireflexschicht wandern, sich an der Grenzfläche der Siliziumzelle anlagern und schließlich ins Silizium diffundieren, wenn es im Kristallgitter winzige Defekte gibt. Die Ionen sorgen für einen Kurzschluss des p- und n-Gebiets der Zelle. Die Folge: Die Leistung sinkt. Bei Zellen aus n-Typ-Silizium sind die Abläufe etwas anders, aber auch in diesen entstehen Leckströme durch einen Potenzialunterschied zwischen Modul und Erde.
Was macht die Industrie gegen PID?
Die Hersteller können die Anfälligkeit der Module für PID verringern: Glas-Glas-Module sind weniger anfällig für PID. Das liegt daran, dass durch die Rückseitenfolie eines Glas-Folien-Moduls Feuchtigkeit diffundieren kann, so dass sich aus dem Frontglas Ionen lösen können. Durch ein Einkapselungsmaterial mit höherem Widerstand, so dass positive Ionen es schwerer haben, durch das Material zu wandern. Hat die Siliziumnitridschicht auf den Zellen eine höhere Leitfähigkeit, ist die Spannung über der Schicht im Fall eines Leckstroms geringer und die Metallionen werden weniger von der Zelle angezogen. Über diesen Hebel haben die meisten Hersteller nach 2010 das Problem in den Griff bekommen, schätzen Experten. Über eine Prüfung nach IEC 62804 in einem Testlabor, weisen die Hersteller ihre Produkte als "PID-frei" oder "PID-safe" aus.
Wie beugen Installateure PID vor?
In feuchten und warmen Regionen kann es nicht reichen, sich auf "PID-safe" zu verlassen. Durch die Art der Installation lässt sich zusätzlich vorbeugen. Auslöser von PID ist ein hoher Potenzialunterschied zwischen den Modulen und Erde - das heißt, je höher die Systemspannung einer Anlage, desto höher das Risiko für PID. Bei p-Typ-Zellen handelt es sich um ein negatives Potenzial der Module gegen Erde; bei n-Typ-Zellen um ein positives Potenzial der Module gegen Erde. Lässt es der Wechselrichter zu, kann der negative bzw. positive Pol des Modulgenerators geerdet werden. Dann tritt PID nicht auf. Dazu ist ein Wechselrichter mit Transformator zu verwenden. Bei trafolosen Wechselrichtern kann ein Zusatzgerät zur Potenzialumkehr bei Nacht eingesetzt werden, wie es Evergreen genutzt hat.
Was tun, wenn eine Anlage womöglich von PID betroffen ist?
Zeigt eine kürzlich installierte Anlage eher niedrige Erträge, sollte sie überprüft werden. Liegt PID-s vor, kann der Leistungsabfall umgekehrt werden und zwar umso vollständiger, je weniger fortgeschritten die Degradation ist. Zu erkennen ist PID-s über eine Leistungsmessung vor Ort und Thermografie- und/oder Elektrolumineszenzaufnahmen im Feld oder in einem Testlabor. Die Nachrüstung von Boxen zur Potenzialumkehr nachts oder die Erdung des negativen Pols können auch nachträglich noch erfolgen.
Autorin: Ines Rutschmann
Tipp bei Verdacht auf PID:
Im Testcenter von SecondSol können Sie Module per Thermografie- und Elektrolumineszenzaufnahmen prüfen lassen. Auch passende PID-Boxen oder Ersatzmodule finden Sie auf dem Onlinemarktplatz von SecondSol.